Rechtsform und Organisationsstruktur der ICANN

  • Rechtsnatur und Funktion der ICANN

    Obwohl die ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers) für die Verwaltung und die Schaffung von Regeln bezüglich einer weltweiten Schlüsselangelegenheit des 21. Jahrhunderts verantwortlich ist, stellt sich ihre Organisationsstruktur und legitimatorische Grundlage anders als die politischen und organisatorischen Schemata dar, die zur Lösung ähnlicher weltweiter Phänomene in der Vergangenheit dienten. Hinsichtlich ihrer Organisationsform handelt es sich bei ICANN weder um eine zwischenstaatliche Organisation (Intergovernmental Treaty Organization, IGO) noch um eine klassische Nicht-Regierungsorganisation (NGO) mit individuellen oder institutionellen Mitgliedern, sondern um einen neuen, beispiellosen Typ einer transnationalen Organisation, die verschiedene Arten von Interessenvertretern aus der ganzen Welt repräsentiert und aus gewählten Institutionen und ernannten Vertretern, zahlreichen Ausschüssen und Kollegien, Wahlbereichen (»constituencies«) und unterstützenden Organisationen (»supporting organisations«) aufgebaut ist.

  • ICANN-Satzung

    Nach der ICANN-Satzung (»Bylaws«) in der Fassung vom 28. Februar 2006 handelt es sich um eine privatrechtliche Organisation, die nach den Grundsätzen »Californian Nonprofit Public Benefit Corporation Law for Charitable and Public Purposes« verfasst ist und keiner direkten Kontrolle durch staatliche Regierungen oder zwischenstaatlichen Organisation unterliegt. Allerdings ist die Existenz der ICANN bis zur vollständigen Privatisierung des DNS von in bestimmten Zeitabständen neu auszuhandelnden Verträgen mit der US-Regierung abhängig, die folglich zugleich als Vertragspartner und Aufsichtsbehörde gegenüber der ICANN fungiert.

  • Aufgaben der ICANN

    Gemäß Art. I der ICANN-Satzung besteht ihre Aufgabe in der »Koordination des Systems der weltweit eindeutigen Identifizierungskennungen des globalen Internet und der Aufrechterhaltung eines stabilen und sicheren Betriebs des Systems der weltweit eindeutigen Identifizierungskennungen« (»to coordinate the global Internet’s systems of unique identifiers, and in particular to ensure the stable and secure operation of the Internet’s unique identifier systems«).

    Gemäß Art. I der ICANN-Satzung obliegt der ICANN die Kontrolle über

    (1) die Aufgliederung und Zuteilung der drei Identifizierungskennungen für das
    Internet, nämlich der

    a) Domainnamen (die ein System bilden, das als Domain-Name-System
    bezeichnet wird);b) Internet-Protokoll (IP)-Adressen und autonomen Systemnummern
    (»AS«);

    c) Protokoll Port- und Parameternummer.

    (2) den Betrieb und die Weiterentwicklung des DNS-root-name-server-Systems.

    (3) die Entwicklung von Regeln, die in angemessener Weise sachlich zu diesen
    Funktionen in Beziehung stehen.

  • Finanzierung

    Die Finanzierung ICANN’s erfolgt anteilig durch die Registerbetreiber (Registries) der gTLDs (5 % des ICANN-Budgets) und der ccTLDs (35 %) sowie durch die für die Zuteilung der numerischen Internetadressen (IP-Nummern) zuständigen Regionalen IP-Registerbetreiber (10 %). Die übrigen 50 % des ICANN-Haushalts werden von den akkreditierten Registraren der gTLDs aufgebracht.

    Ausführliche Informationen zu den Aufgaben und zur Organisationstruktur der ICANN finden Sie in

    Bettinger, Handbuch des Domainrechts: Nationale Schutzsysteme und internationale Streitbeilegung,  2. Aufl., Carl Heymanns Verlag, 2017.